Der Berliner Koalitionsvertrag 2023-2026 zwischen CDU Berlin und SPD Berlin sieht eine zielgerichtete Sprachförderung in der frühkindlichen Bildung vor. Ziel ist es, die verfügbaren Mittel dort einzusetzen, wo der Bedarf am größten ist. Konkret heißt es im Vertrag: “Das erfolgreiche Bundesprogramm der Sprach-Kitas werden wir mit Mitteln des Kita-Qualitätsgesetzes als Landesprogramm weiterführen, weitere Instrumente der Sprachförderung verstetigen sowie eine Fortentwicklung der Zuschlagstatbestände mit einer stärkeren Fokussierung auf sozial benachteiligte Kinder, insbesondere hinsichtlich der Sprachbildung, ermöglichen.” (KOA-Vertrag 2023-2026). Damit soll die klassische “Gießkannen”-Politik in Berlin beendet werden. Ein Ansatz, den auch der Kitaverband VKMK unterstützt. Gleichzeitig warnt der VKMK jedoch davor, dass diese Neuausrichtung nicht dazu führen darf, sich ausschließlich auf eine Gruppe mit Förderbedarf zu konzentrieren und andere Kindergruppen mit unterschiedlichen Förderbedarfen zu vernachlässigen. Ein konkretes Beispiel stellt dabei der für 2025/2026 geplante Partizipationszuschlag dar.
Der Partizipationszuschlag ist eine neue Wortschöpfung des Senats für Bildung, Jugend und Familie. Dieser Zuschlag soll ausschließlich an den Anspruch auf Bildung- und Teilhabe (BuT) gekoppelt werden und damit gezielt Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Familien unterstützen. Dies bedeutet jedoch, dass Zuschläge für die Bildung und Betreuung von Kindern nicht deutscher Herkunft (ndH) entfallen, sofern diese keinen BuT-Anspruch haben. Dabei benötigen auch diese Kinder häufig besondere Sprachförderung, um gleiche Bildungschancen zu erhalten und ihren Bildungsweg erfolgreich zu meistern. Derzeit erhalten Kita-Träger einen Zuschlag, wenn mehr als 40% der betreuten Kinder nicht deutscher Herkunft sind. Viele Mitglieder des VKMK argumentieren, dass diese Quote bereits zu hoch angesetzt ist. Ein Zuschlag sollte bereits ab dem ersten Kind nicht deutscher Herkunft gewährt werden, da die sprachlichen Herausforderungen und die entsprechende Förderung unabhängig von der Anzahl der betroffenen Kinder bestehen.
Die neu geregelte Verteilung der Zuschläge könnte somit eine bedeutende Gruppe von Kindern benachteiligen. Besonders in Berlin entspricht es nicht der Realität, dass alle ndH-Kinder ohne BuT-Anspruch aus wohlhabenden Familien stammen, die sich private Nachhilfe leisten können. Ein erheblicher Anteil dieser Kinder hat keinen BuT-Anspruch, benötigt aber dennoch gezielte Fördermaßnahmen. Lars Békési, Geschäftsführer des VKMK, betont: “Durch die Einführung des Partizipationszuschlags besteht die Gefahr, dass Gruppen mit unterschiedlichen Förderbedarfen gegeneinander ausgespielt werden. Es ist nicht gerechtfertigt, die Förderung von Kindern mit sprachlichem Förderbedarf zu reduzieren, nur weil ihr Bedarf nicht sozioökonomisch begründet ist. Ein solches Vorgehen widerspricht den Prinzipien der Chancen- und Bildungsgerechtigkeit. Unseres Erachtens impliziert die Formulierung ‘mit einer stärkeren Fokussierung…’ weder die alleinige Fortentwicklung der Zuschlagstatbestände auf einen BuT-Bezug noch das Ziel, Kinder ohne soziale Benachteiligung, aber mit notwendigem Sprachförderbedarf, von einer gezielten Förderung auszuschließen.”
Der VKMK plädiert daher für einen Fördermechanismus, der keine Gruppe mit bestehenden Förderbedarfen ausschließt. Im Sinne der Chancen- und Bildungsgerechtigkeit sollten alle Kinder entsprechend ihrer individuellen Bedürfnisse Zugang zu den notwendigen Fördermaßnahmen erhalten. Es darf keine Gruppe mit Förderbedarf vernachlässigt werden, um eine faire und gerechte Bildungspolitik für alle Kinder sicherzustellen. Eine Gewichtung der Fördermittel kann eine mögliche Lösung sein, aber der vollständige Ausschluss einer Gruppe mit Förderbedarf ist nicht akzeptabel. In Bezug auf die Verteilung der Zuschläge sieht Békési zudem die Notwendigkeit, eine weitere Herausforderung anzugehen: „Eine zentrale Aufgabe bei der Neugestaltung der Personalszuschläge wird es auch sein, diese automatisch im Rahmen des Kita-Chancenjahres an den Willkommensgutschein zu koppeln. Kinder, die diesen Willkommensgutschein erhalten, benötigen in der Regel nicht nur Sprachförderung, sondern auch weitere Unterstützungsmaßnahmen.“ Der VKMK appelliert an die politischen Verantwortlichen, bei der Umsetzung der neuen Zuschläge die Prinzipien der Chancen- und Bildungsgerechtigkeit nicht aus den Augen zu verlieren. Nur so kann eine gerechte und inklusive Bildungspolitik für alle Kinder gewährleistet werden.