Gestern war der Auftakt der Koalitionsverhandlungen von CDU und SPD in Berlin. Erste Besprechungen machen wieder einmal deutlich; der totgesparte Sektor der frühkindlichen Bildung erhält zu wenig Aufmerksamkeit in der Bildungspolitik.
Wir blicken sorgen- und hoffnungsvoll zugleich in die kommenden Wochen.
Während die Tage vor der Schwarz-Rot-Verhandlung ein Gefühl von Unsicherheit verbreiteten, scheinen die ersten Verhandlungen diese ein wenig mindern zu können. Während sich Einigkeit in vielen Bereichen finden lassen konnte, bezüglich einer Verbesserung des Ist-Zustandes in Berlin und optimistische Worte von Giffey durchklangen; “Vieles lasse sich aufbauen, was schon von Rot-Grün-Rot vorbereitet worden ist.” , wurden andere Sorgen hingehen gestärkt:
Deutlich wurde, dass der Fokus der Bildung wieder einmal nicht auf den frühkindlichen Institutionen liegen würde, sondern abermals erst ab dem Grundschulalter an Wichtigkeit zu erfassen sei. Ein Fataler Fehler, der sich seit Jahren in einem steten Abbau des Kita-Sektors deutlich widerspiegelt. Ernüchternde Worte kamen ebenfalls von CDU-Generalsekretär Stefan Evers hin: "Wir haben nicht nur wenig Zeit. Wir haben auch wenig Geld."
Genau dies ist aber zwingend benötigt, um in den Kitas Berlins ein Umkehren der Abwärtsspirale endlich umsetzen zu können; eine zukunftsorientierte Investitionspolitik, die ausreichend finanzielle Ressourcen bereitstellt, um den mannigfaltigen Herausforderungen im Ansatz gerecht zu werden.
Wir blicken hoffnungsvoll, aber auch mit Sorge auf die kommenden Verhandlungen.
Der Sektor der frühkindlichen Bildung blickt seit Jahren in Finanzierungsmöglichkeiten, die immer schmaler und schmaler werden, den Kostenexplosionen nicht im Ansatz standhalten können und erfährt als Lösung immer wieder nur Ad-Hoc-Aktionen, die das gröbste Übel, weiterhin hinauszögern sollen. Kalkulierte, zukunftsorientierte Lösungsansätze, um das sinkende Schiff nicht nur zeitweise über Wasser zu halten, sondern wieder seetauglich, geschweige denn gut ausgerüstet losfahren zu lassen, fehlen bisweilen vergebens.
Sinkende Bewerberzahlen, hohe Abgänge, große Krankenstände und Überbelastung sind die Alltäglichkeiten, mit denen sich die Erzieherinnen und Erzieher in der frühkindlichen Bildung auseinandersetzen. Die Unterfinanzierung im großen Stil ermöglicht hier schlichtweg keine Auswege mehr und endet sogar darin, dass sich viele Kitas in Berlin nicht einmal mehr neue Auszubildende leisten können. Die Erzieher:innen von heute verlassen das Schiff und den Erzieher:innen von morgen bleibt buchstäblich der Zutritt verwehrt.
Wie soll qualitativ hochwertige Bildung in diesem Kontext stattfinden können?
Wie soll ein Erzieher oder eine Erzieherin sich dessen überhaupt in ausreichendem Umfang annehmen können, wenn die Problemfelder des Kita-Alltages derart mannigfaltig sind?
Investitionsverhandlungen, Bildungsverhandlungen, Zukunftsverhandlungen, all dies darf nicht geschehen, ohne die frühkindliche Bildung hier nicht nur teilhaben zu lassen, sondern durchaus in den Mittelpunkt vieler Diskussionen zu rücken.
Gerade die CDU, die sich mit dem Programm “beste Bildung für Berlin” hier fundamental an einer Verbesserung der Bildungssituation einsetzen möchte, sollte deutlich machen, dass diese Bildung nicht erst ab der Grundschule beginnen darf, sondern weitaus vorher, im Kita-Alter bereits fundamental wichtig ist.
Wir hoffen und fordern zugleich, dass sich die Kita-Situation in Berlin endlich ändert. Dass die neuen Gespräche zu augenöffnenden Momenten führen, in denen der Ist-Zustand des frühkindlichen Bildungssektor endlich in seiner porösen, heruntergewirtschafteten Struktur wahrgenommen wird, damit hier endlich grundlegende Änderungen eintreten können.
Das Gerüst muss in seiner Struktur gefestigt werden, um ausreichend Qualitätsversprechen umsetzen zu können - und letztendlich auch: Qualitätsverbesserung.
Dies geht nur mit ausreichend finanziellen Mitteln. Mittel, die nicht als Trostpflaster für schnelle Heilung sorgen sollen, sondern Mittel, die zielgerichtet die Problemfelder von heute angehen und eliminieren und gleichzeitig den Bezug zu den Herausforderungen der Zukunft mit einkalkulieren. Ein Entscheiden hier muss, zwingend, die betroffenen Institutionen besser einbeziehen, um einen transparenten Einblick in die Problemfelder zu erhalten und hier gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, die nicht nur sinnvoll, sondern auch zukunftsträchtig sind.
Nur so kann ein Herumreißen des Ruders in diesem Sektor noch stattfinden, nur so kann die pädagogische Arbeit im frühkindlichen Alter wieder attraktiv gestaltet werden, um Bewerber:innen anzuziehen und qualifizierte Fachkräfte zu halten. Nur so lässt sich eine erfolgreiche Bildung umsetzen, die alle dringend benötigten Kompetenzen in unseren Kindern verankern kann, die sie im späteren Erwachsenenalter umsetzen müssen.