Nach der Bekanntgabe des Bundes keine weiteren Investitionsmittel für den Ausbau von Kindertageseinrichtungen mehr zur Verfügung zu Stellen, folgt nun ein weiterer herber Rückschlag für die frühkindliche Bildung und Betreuung: Das für 2025 geplante Kita-Qualitätsentwicklungsgesetz verharrt in einem stagnierenden Zustand und wird aufgrund mangelnder Gelder als Einsparpunkt im Haushaltsplan 2025 gehandelt.
Inhalt des Kita-Qualitätsentwicklungsgesetzes
Das Qualitätsentwicklungsgesetz hat das Ziel, erstmals deutschlandweit verbindliche Qualitätsstandards für Kindertageseinrichtungen festzulegen. Diese Standards, die durch einen umfassenden Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis entwickelt wurden, fokussieren auf drei zentrale Aspekte: eine fundierte Betreuungsrelation, die Förderung der sprachlichen Bildung und Sprachförderung sowie die Bereitstellung eines bedarfsgerechten Ganztagsangebots. Das Vorhaben zielt darauf ab, Chancengleichheit in der Bildung und damit die Grundlage für eine starke und leistungsfähige Gesellschaft zu schaffen.
Gründe, weshalb das Kita-Qualitätsentwicklungsgesetz notwendig ist
Die Entscheidung der Bundesregierung, in der frühkindlichen Bildung Einsparmaßnahmen zu tätigen, kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die Bedeutung von Kindertageseinrichtungen für die individuelle Entwicklung und die Gesellschaft offensichtlicher denn je ist. Erst vergangenes Jahr verdeutlichte die PISA-Studie die Dringlichkeit, jetzt in frühkindliche Bildung zu investieren, um den internationalen Anschluss nicht zu verlieren. Auch die durch den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung steigende, jedoch ungedeckte Nachfrage nach Kindertagesbetreuungsplätzen sollte ein Zeichen für die Relevanz der frühkindlichen Betreuung in der Gesellschaft sein.
Individuelle Bildung und Entwicklung durch das Kita-Qualitätsentwicklungsgesetz
Laut einer Studie der KKH ist die Anzahl der Sprach- und Sprechstörungen unter Kindern und Jugendlichen von 2011 bis 2021 um nahezu 60% gestiegen.* Durch gezielte Sprachförderung in der frühkindlichen Bildung, wie sie im Rahmen des Kita-Qualitätsentwicklungsgesetzes vorgesehen ist, ließe sich dieser besorgniserregende Trend umkehren. Eine frühzeitige Förderung könnte vielen Kindern und Jugendlichen helfen, später keine schwerwiegenden Schwierigkeiten aufgrund von Sprach- oder Sprechstörungen im Bildungsweg zu erfahren.
Des Weiteren belegen Studien deutlich, dass der Besuch von Kindertagesstätten die Bildungschancen erheblich verbessert. So steigt die Wahrscheinlichkeit für Kinder, ein Gymnasium zu besuchen, mit der Teilhabe an einem Betreuungsangebot von 36% auf 50%, laut Bertelsmann Stiftung. Besonders bemerkbar macht sich dieser Anstieg bei Kindern aus sozioökonomisch benachteiligten Familien, deren Wahrscheinlichkeit auf einen höheren Bildungsabschluss um rund 65% steigt.**
Zudem besteht in der frühkindlichen Bildung das Potential, die Kinderarmut zu bekämpfen. Die aktuellen Zahlen belegen, dass knapp 20% der Kinder in Deutschland von Armut bedroht sind. Durch den Ausbau frühkindlicher Bildung und Betreuung kann, laut Institut der Deutschen Wirtschaft, die Kinder- und Bildungsarmut um knapp 4%-Punkte reduziert werden.***
Volkswirtschaftlicher Nutzen des Kita-Qualitätsentwicklungsgesetzes
Investitionen in die frühkindliche Bildung sind nicht nur für die individuelle Entwicklung der Kinder von entscheidender Bedeutung, sondern auch für die Volkswirtschaft. Jeder in die Kita investierte Euro generiert einen dreifachen bis vierfachen direkten volkswirtschaftlichen Gewinn durch ein gesteigertes Familieneinkommen, höhere Steuereinnahmen und zusätzliche Beiträge für die Sozialversicherung. Langfristig betrachtet ergibt sich durch den verbesserten Bildungsstand und das daraus resultierende höhere Lebenseinkommen der Bevölkerung eine reale fiskalische Rendite von 8% bis 13% für die Investitionen in frühkindliche Bildung.****
All dies ist jedoch nur möglich, wenn die frühkindliche Bildung durch den Bund und die Länder gefördert wird, in Form eines Kita-Qualitätsentwicklungsgesetzes und einer ausreichenden Finanzierung zur Umsetzung dessen. Eine vernachlässigte frühkindliche Bildung kann langfristig zu massiven ökonomischen Einbrüchen führen. Die Kernpunkte des Qualitätsentwicklungsgesetzes bergen ein erhebliches Potenzial zur Verbesserung der Qualität frühkindlicher Bildung und zur Prävention von Bildungsunterschieden und Sprachdefiziten. Umso wichtiger ist es, dass das Kita-Qualitätsentwicklungsgesetz bald in Kraft tritt. Der Kitaverband VKMK e.V. appelliert daher an den Bund, keine unüberlegten Einsparmaßnahmen zu tätigen und die Zukunft durch Bildung auch weiterhin zu unterstützen. Das Kita-Qualitätsentwicklungsgesetz sollte nicht als Option betrachtet werden, sondern als eine unverzichtbare Verpflichtung zum Wohl und zur Entwicklung unserer Kinder.
*Eddy statt Teddy: Immer mehr Kinder ringen um Worte. (o. D.). KKH. https://www.kkh.de/presse/pressemeldungen/sprachprobleme
** Fritschi, T., Oesch, T., BASS – Büro für Arbeits- und Sozialpolitische Studien BASS AG & Bertelsmann Stiftung. (2008). Volkswirtschaftlicher Nutzen von frühkindlicher Bildung in Deutschland. https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/GrauePublikationen/GP_Volkswirtschaftlicher_Nutzen_von_fruehkindlicher_Bildung_in_Deutschland.pdf
*** Anger, C., Plünnecke, A. & Institut der deutschen Wirtschaft Köln. (2008). Frühkindliche Förderung. In Institut der deutschen Wirtschaft Köln, Beiträge zur Ordnungspolitik. https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/IW-Analysen/PDF/Positionen/Positionen_35.pdf
**** Kahl, R. (2012, 6. Februar). Bildung wirkt langsam, aber mächtig. ZEIT ONLINE. https://www.zeit.de/gesellschaft/schule/2010-01/oecd-bildungsausgaben/seite-2