Mehr als nur Essen: Kita-Verpflegung als Schlüssel zur Zukunft unserer Kinder

Die Ernährung in der frühen Kindheit ist weit mehr als bloße Notwendigkeit – sie bildet einen Grundpfeiler der frühkindlichen Bildung. Dies ist unbestritten. Doch in der jüngsten Plenardebatte des Berliner Abgeordnetenhauses am 26. September 2024 zur „Kitasituation in Berlin“ wurde erneut nur das kostenlose Schulmittagessen als entscheidendes Element für „gesunde Entwicklung und Chancengerechtigkeit in der Bildung“ betont. Die Forderung nach einem kostenfreien Kita-Mittagessen hingegen bleibt unerhört, was den Eindruck erweckt, dass dieses essenzielle Thema in der politischen Diskussion nicht die nötige Aufmerksamkeit erhält.

Die Rolle gesunder Ernährung in der kindlichen Entwicklung

Die Weichen für eine gesunde Ernährung werden bereits in der Kindheit gestellt. Eine ausgewogene Ernährung versorgt den Körper mit unverzichtbaren Vitaminen, Mineralien und Nährstoffen, stärkt das Immunsystem und wirkt präventiv gegen akute Erkrankungen. Langfristig schützt sie vor Problemen wie Übergewicht oder Nährstoffmangel im Jugendalter. Zudem ist eine gesunde Ernährung unerlässlich für die körperliche und geistige Entwicklung von Kindern. Studien zeigen, dass das Gehirn eines fünfjährigen Kindes im Ruhezustand etwa 66% der gesamten Körperenergie beansprucht – in aktiven Phasen sind es noch immer rund 43%. Neben den physischen Vorteilen unterstützt eine ausgewogene Ernährung auch die motorische und soziale Entwicklung der Kinder. Das Nationale Qualitätszentrum für Ernährung in Kita und Schule hebt diesen Zusammenhang klar hervor.

Ernährungsbildung in der Kita: Schlüssel zur Chancengleichheit

In der Kita lernen Kinder nicht nur, welche Lebensmittel gesund sind, sondern auch, wie wichtig ausgewogene Ernährung für ihr Wohlbefinden ist. Hier werden Grundlagen für ein gesundes Essverhalten gelegt, die ihnen im weiteren Leben zugutekommen. Das gemeinsame Mittagessen fördert zudem Selbstständigkeit, Selbstwirksamkeit und soziale Fähigkeiten – wichtige Kompetenzen für den späteren Schulalltag. Gleichzeitig bietet die Kita-Verpflegung allen Kindern, unabhängig von ihrer familiären Lebenssituation, die Chance, Zugang zu gesunden Mahlzeiten zu haben. In Berlin sichern Qualitätsvereinbarungen, wie die „QVTag“, diese Standards: Träger sind verpflichtet, eine gesunde und ausgewogene Ernährung bereitzustellen, die den Bedürfnissen aller Kinder gerecht wird.

Initiativen zur Förderung gesunder Ernährung in Kitas

Die Bedeutung einer gesunden Ernährung in Kindertagesstätten wird auch von Krankenkassen anerkannt, die verschiedene Sonderprogramme ins Leben gerufen haben, um dieses Ziel zu fördern. Beispielsweise engagieren sich die AOK mit ihrem Programm „JolinchenKids“ und die Barmer mit „Ich kann kochen!“ aktiv für die Ernährungsbildung der Kinder. Zudem hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) Qualitätsstandards entwickelt, die als Leitlinien für die Kita-Verpflegung dienen. Diese Standards stellen sicher, dass Kinder bis zu 40% ihres täglichen Energiebedarfs über die Kita-Verpflegung decken können. 

Herausforderungen: Hohe Standards, knappe Mittel

Die Umsetzung dieser hohen Ansprüche an die Kita-Verpflegung steht jedoch vor großen finanziellen Herausforderungen. In Berlin stehen den Einrichtungen rund 76,48 Euro pro Kind und Monat für die Verpflegung zur Verfügung - das entspricht etwa 3,60 Euro. Mit dieser Summe sollen nicht nur die Kosten für Lebensmittel, sondern auch für Personal und Infrastruktur gedeckt werden. Eine wissenschaftliche Modellrechnung zeigt jedoch, dass ein gesundes Mittagessen nach den Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) je nach Verpflegungssystem und Alter der Kinder zwischen 3,09 und 5,87 Euro pro Tag kostet. Die realen Kosten für konventionelle Ernährung in einer Frisch- und Mischküche liegen demnach bei einer kleinen Einrichtung mit 25 Mahlzeiten für Kinder im Alter von 1 bis 3 Jahren bei 5,36 Euro und für Kinder im Alter von 4 bis 6 Jahren bei 5,58 Euro. In mittelgroßen Kitas (50 Mahlzeiten) liegen die Kosten bei 3,97 Euro für 1- bis 3-Jährige und 4,19 Euro für 4- bis 6-Jährige. Angesichts kontinuierlich steigender Lebensmittelpreise und der Inflationsrate wird damit klar, dass die aktuellen Pauschalen nicht ausreichen, um den notwendigen Qualitätsansprüchen gerecht zu werden.

Fazit: Politisches Handeln gefordert

Die Bedeutung einer gesunden Ernährung für die kindliche Entwicklung ist unbestritten. Doch diese kann nur mit ausreichenden finanziellen Mitteln gewährleistet werden. Es liegt nun an der Politik, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Träger die Ressourcen erhalten, die sie benötigen, um eine qualitativ hochwertige Verpflegung anzubieten, die den Bedürfnissen aller Kinder gerecht wird.

Quellen:

Arens-Azevêdo, U., Pfannes, U., Tecklenburg, M. E. & Bertelsmann Stiftung. (2013). Is(s)t KiTa gut? KiTa-Verpflegung in Deutschland: Status quo und Handlungsbedarfe. In Im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/GrauePublikationen/GP_Isst_Kita_gut.pdf.

Kuzawa, C. W., et al. (2014). Metabolic costs and evolutionary implications of human brain development. Proceedings Of The National Academy Of Sciences, 111(36), 13010–13015. https://doi.org/10.1073/pnas.1323099111.

Ernährungsbildung in der Kita. (o. D.). Nationales Qualitätszentrum für Ernährung in Kita und Schule. https://www.nqz.de/kita/ernaehrungsbildung.

Ernährung in der Kita. (o. D.). Nationales Qualitätszentrum für Ernährung in Kita und Schule. https://www.nqz.de/kita/ernaehrung.