Ein kleines Potpourri aus weihnachtlichen Traditionen und Bräuchen weltweit

In den Innenstädten tauchen warme Lichterketten die Straßen in einen funkelnden Glanz, die Schaufenster sind geschmückt mit bunten Sternen und Schneeflocken und Menschen tummeln sich auf den Wintermärkten, um sich mit einer warmen Tasse vor der eisigen Kälte zu schützen - für viele beginnt damit die Weihnachtszeit. Eine Zeit voller Besinnlichkeit und Liebe, die allerdings auch nicht zu selten von Stress und Hektik begleitet wird. Und dennoch, wenn man mal von den vollen Gängen in den Supermärkten und dem Druck, das perfekte Geschenk zu finden, absieht, zaubert Weihnachten für viele ein kleines Licht in die dunkle Jahreszeit. Weihnachten wird weltweit auf unterschiedlichste Weise gefeiert: Manche begehen es gar nicht, andere feiern es ohne den christlichen Hintergrund, und wiederum andere pflegen ganz besondere Bräuche und Traditionen rund um dieses Fest. Wir wollen heute mal die faszinierendsten Weihnachtsbräuche in der Welt genauer betrachten.

Merī Kurisumasu (「メリークリスマス」) - Mehr Liebe und Fast-Food in Japan

In Japan ist nur knapp 1% der Bevölkerung christlich geprägt - und dennoch wird auch hier Weihnachten groß gefeiert. Doch wie kam es dazu? Japaner:innen stehen nicht-einheimischen Religionen, Traditionen und Festlichkeiten sehr offen gegenüber. Mitte des 19. Jahrhunderts wuchs das Interesse in Japan insbesondere gegenüber westlichen Traditionen und Bräuchen, wobei es ihnen das vermutlich größte Fest der christlich geprägten westlichen Welt besonders angetan hat: Weihnachten - die Geburt Christi, das Fest der Liebe. Doch während bei uns der religiöse Hintergrund dieses Festes im Mittelpunkt steht, haben die Leute in Japan Weihnachten als Fest der Liebe übernommen und daraus ihr ganz eigenes, besonderes Fest gestaltet, welches mit unserem Valentinstag vergleichbar ist. Der 24. Dezember wird dabei als ganz normaler Arbeitstag begangen, der Abend jedoch ist dann für die Zeit zu zweit reserviert. Doch das ist nicht die einzige Besonderheit am japanischen Weihnachtsfest, auch das traditionelle Weihnachtsessen kann Staunen hervorrufen, denn hier kommt an Weihnachten Kentucky Fried Chicken auf den Tisch. Dies ist auf eine augenscheinlich sehr erfolgreiche Marketingkampagne der US-amerikanischen  Fast-Food-Kette aus dem Jahr 1974 zurückzuführen, welche unter dem Slogan “Kurisumasu ni wa Kentakkii” (“An Weihnachten KFC”) ihre Weihnachtsmenüs bewarb. Die Kampagne fand großen Anklang und inzwischen gehört das KFC Weihnachtsmenü in Japan zu Weihnachten wie bei uns Würstchen und Kartoffelsalat und man muss bereits Wochen im Voraus bei KFC bestellen, um an Weihnachten den Festschmaus genießen zu können. 

Feliz Navidad - Weihnachtliches Zocken in Spanien

In Spanien ist Weihnachten für die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung eines der bedeutendsten Feste im Jahr, welches ausgiebig im Kreise von Familie und Freunden gefeiert wird. Dabei beginnt die Weihnachtszeit seit 1812 mit einem Brauch, der einem ein kleines Schmunzeln auf die Lippen zaubern kann: Der größte Lotterie der Welt, gemessen an der ausgespielten Gesamtsumme. Die Ziehung der sogenannten “lotería de navidad” (Weihnachtslotterie) findet in festlicher Atmosphäre am 22. Dezember statt  und wird den ganzen Vormittag von der Bevölkerung verfolgt. Ein unverkennbarer Kinderchor gibt die Gewinnzahlen preis und die Gewinner:innen feiern oftmals fröhlich auf der Straße. Ziel ist natürlich der Hauptpreis, oder auch “el gordo” (der Dicke), wie er in Spanien genannt wird. Doch damit hat das weihnachtliche Glücksspiel in Spanien noch nicht sein Ende. In der “noche buena" (Heiligabend), nachdem am Abend mit der Familie das weihnachtliche Essen verzehrt wurde, darf “la urna del destino” (Urne des Schicksals) nicht auf dem Tisch fehlen. Die Urne enthält kleine Geschenke und Nieten und jeder darf sein Glück dabei versuchen. 

Maligayang Pasko - Die längste Weihnachtszeit auf den warmen Philippinen

Im September, bei durchschnittlich 30 Grad, beginnen auf den Philippinen die Vorbereitungen für die wohl längste Weihnachtszeit. Die Städte werden festlich geschmückt und bunte Lichterketten und Lampions werden aufgehängt. Ab 16. Dezember werden dann die offiziellen Feierlichkeiten mit dem „Simbang Gabi“ („Nachtmesse“) eingeläutet. Von diesem Tag an bis zum Heiligen Abend machen sich Gläubige jeden Morgen im Morgengrauen, zwischen 3 und 5 Uhr, auf den Weg zum Gottesdienst. Die “Simbang Gabi” endet am 24. Dezember mit der „Misa de Gallo“ (Messe des Hahns), die traditionelle Mitternachtsmesse an Heiligabend. Es heißt, wer an allen neun Messen teilnimmt, dem wird ein Wunsch erfüllt. Nach Heiligabend hören die Feierlichkeiten jedoch nicht auf. Die Weihnachtszeit endet offiziell erst am dritten Sonntag im Januar mit dem Santo-Niño-Fest, das von Straßenumzügen und festlichen Veranstaltungen begleitet wird.

Feliz Navidad - Die Suche nach einer Herberge in Mexiko

In Mexiko wird Weihnachten nicht nur gefeiert, es werden sogar Teile der Weihnachtsgeschichte selbst nachgespielt, in den sogenannten “Posadas” (Herbergen). Bei diesem Brauch, der vom 16. bis zum 24. Dezember stattfindet, wird Maria und Josefs Suche nach einer Herberge nachempfunden. Dabei ziehen jeden Abend zwei Personen, verkleidet als Maria und Josef, um die Häuser und klopfen an Türen, um Einlass zu erbeten. Vorab wird ein Zielort definiert, an dem ihnen der Einlass gewährt wird, während sie an den vorherigen Türen abgewiesen werden – ganz wie in der Geschichte, aufgrund der hohen Auslastung der „Posada“. An der finalen Herberge mündet die Posada dann in eine Fiesta Mexicana, welche nicht mehr viel mit der überlieferten Geschichte von Maria und Josef zu tun hat: Mit Musik, Tanz, “Buñuelos” (süße Krapfen) und “Ponche” (Fruchtpunsch, für Erwachsene “con Piquete”, also mit einem Schuss Tequila) wird die Ankunft von Maria und Josef gefeiert. Jeden Tag endet die Posada in einem anderen Haus, wodurch die Vorweihnachtszeit in Mexiko zu einer Zeit voller Feierlichkeiten, Gemeinschaft und ausgelassener Freude wird. Am letzten Tag der Posadas wartet dann noch ein besonderes Highlight auf die Kinder: Die Piñatas, gefüllt mit lauter Leckereien. Mit verbundenen Augen und ausgerüstet mit einem Stock dürfen die Kinder dann versuchen, die Piñata zu zerschlagen, um an die Süßigkeiten zu kommen. 

Merry Christmas - Weihnachten auf dem Surfbrett in Australien

Während wir von weißen Weihnachten träumen, um, eingekuschelt in Schal, Mütze und warmer Winterjacke im knirschenden Schnee spazieren zu gehen, mit Schlitten die schönsten Hügel hinunterzurasen und den größten Schneemann in der Nachbarschaft zu bauen, wünschen sich die Leute in Australien vermutlich nur die perfekte Welle. Denn hier wird Weihnachten bei sommerlichen Temperaturen von durchschnittlich 30 Grad gefeiert und da das Meer oftmals nicht weit entfernt ist, zieht es die Australier:innen am 25. Dezember, nachdem Santa Claus die Geschenke gebracht hat, raus an die weihnachtlich geschmückten Strände. Gemeinsam mit Freunden und Familie wird dort gegrillt, gefeiert und das Surfbrett ausgepackt, um auf den Wellen zu reiten. 

Feliz Navidad - Weihnachten als Ablenkungsmanöver in Venezuela

Weihnachten in Venezuela hat mittlerweile zwei Besonderheiten aufzuweisen. Die eine lässt einen irritiert den Kopf schütteln, während die andere ein Schmunzeln auf das Gesicht zaubern lässt. Fangen wir zunächst einmal mit der irritierenden, eher unweihnachtlichen Besonderheit an: In diesem Jahr kommt es nun zum dritten Mal in der Geschichte Venezuelas vor, dass Weihnachten, auf Befehl des autoritären Präsidenten Nicolás Maduro, um drei Monate nach vorne verlegt wird. Venezuela befindet sich schon seit längerem immer wieder in schweren politischen Krisen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Es wächst zunehmend Unmut in der Bevölkerung und viele Menschen verlassen das Land. Die ersten beiden Male, als Maduro die Vorverlegung von Weihnachten befahl, herrschte die Corona-Pandemie. In diesem Jahr sorgte die Manipulation der Wahlen, wodurch Maduro wieder Präsident wurde, für heftige Unruhen und Proteste auf den Straßen. Mit der Maßnahme Weihnachten vorzuverlegen beabsichtigt Maduro, in solchen Krisen die Bevölkerung des Landes von den innenpolitischen Problemen und seiner autoritären Politik abzulenken und, laut Maduro, um dem Volk seinen Dank auszusprechen. Und so begann in Venezuela dieses Jahr Weihnachten bereits am 01. Oktober und wird voraussichtlich bis Januar dauern. Eine ungewöhnliche Maßnahme, die argwöhnisches Stirnrunzeln auslösen kann. Doch kommen wir nun zu der etwas fröhlicheren Besonderheit zu Weihnachten in Venezuela; In der Hauptstadt Caracas ist es Brauch, dass die Menschen an Heiligabend auf Rollschuhen zur Kirche fahren. Zu diesem Anlass werden die Straßen extra  für den Autoverkehr gesperrt, sodass jeder unbeschwert und fröhlich durch die festlich geschmückte Stadt gleiten kann. Die Ursprünge dieses Brauchs sind zwar nicht genau bekannt, doch es ist eine bezaubernde Vorstellung, die den Weihnachtsabend in Caracas zu etwas ganz Besonderem macht.

Gleðileg jól - Trollige Weihnachten in Island

Island ist bekannt für seinen tief verwurzelten Naturglauben und den Glauben an Feen, Elfen und Trolle. Es gibt sogar spezielle „Elfenbeauftragte“, die als Hüter der elfischen Welt fungieren und die Interessen der Elfen in der Bevölkerung vertreten, damit zum Beispiel keine Straßen durch Elfengebiete gebaut werden. Auch beim christlichen Weihnachtsfest spielt dieser Glaube in Island natürlich eine Rolle. In Island gibt es zu Weihnachten, oder „jól“, die 13 „Jólasveinar„ (Weihnachtsgesellen), die Söhne der Trollfrau Grýla und ihres Mannes Leppalúði. Vom 12. bis zum 24. Dezember kommt jeden Tag einer der Jólasveinar aus den dunklen Bergen, wo sie wohnen, zu den Menschen. Sie stibitzen Leckereien und hinterlassen Geschenke. Nach dem 24. Dezember, wenn alle zusammengekommen sind, ziehen sie nacheinander wieder in die Berge zurück, bis am 6. Januar der letzte von ihnen verschwindet.

God Jul - Das Versteckspiel mit den Besen in Norwegen

In Norwegen gibt es an Heiligabend einen besonderen Brauch, der aus dem Glauben stammt, dass an diesem Abend Hexen und Geister ihr Unwesen treiben. Aus diesem Grund verstecken die Norweger:innen ihre Besen an Weihnachten vorsorglich, um zu verhindern, dass die finsteren Wesen sie finden, stehlen und auf ihnen davonfliegen. Und so kann es schon mal vorkommen, dass an Weihnachten versucht wird alle Besen eines Haushalts zu finden und das perfekte Versteck dafür zu kreieren.