Die frühkindliche Bildungslandschaft in Berlin steht am Abgrund. Wenn wir jetzt nicht handeln, wird die Hälfte aller Kitaplätze in Berlin von Schließungen bedroht sein.
Wie konnte es soweit kommen?
Knapp 90% der Berliner Kitaplätze werden von Freien Trägern betrieben und mehr als die Hälfte davon wird von kleinen und mittelgroßen Trägern gestellt. Damit sind sie die systemrelevanten Leistungsträger der Frühen Bildung.
Die bereits vor fünf Jahren durch die Analyse der Kitagestehungskosten im Land Berlin (Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e. V. aus Frankfurt / a.M. – im Auftrag der Jugendsenatorin) festgestellte 30-prozentige Unterfinanzierung der kleinen und mittleren Kita-Träger wurde durch die bis heute beschlossenen „Anpassungen der Sachkosten“ (2018-2021 in Summe: 10%, 2021-2025 in Summe: 6,66%) nicht behoben.
Durch die bereits vor der Pandemie drastisch gestiegenen Gewerbemietkosten waren insbesondere kleine Kita-Träger bereits stark belastet. Die in den letzten zwei Jahren gestiegene Inflation brachte zusätzlich einen enormen Anstieg der Kosten für die Bereitstellung der Verpflegung für die Kinder sowie weiterer Betriebskosten mit sich. Durch die Entwicklungen auf dem Energiemarkt sind alle Berliner Kita-Träger obendrein noch von großen Nachzahlungen bei den nun eintreffenden Betriebskosten-Abrechnungen betroffen.
Die gesetzlich definierte Kostenbeteiligung der Eltern an der Mittagsversorgung in Höhe von 23 Euro ist seit mehr als einem Jahrzehnt unverändert. Auch mögliche neue Fördervereine zur Unterstützung bringen den kleinen Kita Trägern und ihren Eltern keine signifikante Entlastung, da der Verwaltungsaufwand den Nutzen bei weitem übersteigt.
Neben der angespannten wirtschaftlichen Lage bedroht der noch immer bestehende Fachkräftemangel die Berliner Kitalandschaft. Eine weitere Belastung ist die durch das Land Berlin einseitig gezahlte “Hauptstadtzulage” für Beschäftigte der landeseigenen Kitas. Damit werden die Freien Träger diskriminiert, weil bei gleicher Arbeit keine Lohngleichheit herrscht. Daran hält auch die Regierende Bürgermeisterin weiterhin fest und befördert somit eine soziale Spaltung innerhalb der Berliner Erzieher:innenschaft.
Aus diesen genannten Gründen sind vor allem die systemrelevanten kleinen und mittelgroßen Kita-Träger mannigfach belastet und in Ihrer frühkindlichen Bildungsarbeit existentiell bedroht – was nahezu die Hälfte aller Berliner Kitaplätze betrifft.
Allein die nun eintreffenden Betriebskosten-Abrechnungen bringen viele Einrichtungen an den Rand der Zahlungsunfähigkeit, der fatalerweise nur durch Personalabbau begegnet werden kann, um die Kitaplätze zu erhalten. Das geht jedoch zulasten der Qualität in der Einrichtung und verringert die Bildungschancen der Kinder.
Rahmenvereinbarung über die Finanzierung anpassen
Die dringendste Aufgabe des Finanzsenators sowie der Jugendsenatorin ist es, die Sachkostenpauschale in den nächsten Wochen an die tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen.
Dabei müssen die aktuellen Preissteigerungen im zweistelligen Prozentbereich zur Grundlage genommen und endlich eine Anpassung der Rahmenvereinbarung über die Finanzierung und Leistungssicherstellung der Tageseinrichtungen für Kinder nachverhandelt werden.
Um Kita-Schließungen zu vermeiden, die Qualität in der Frühen Bildung zu sichern und die Vielfalt in der Berliner Kita-Landschaft aufrecht zu erhalten, benötigen wir eine Erhöhung um rund 20% bei den Sachkosten. Diese notwendigen Mittel müssen sich dann auch im gerade verhandelten Doppelhaushalt 22/23 wiederfinden. In seiner derzeitigen Form, mit weitreichenden Kürzungen in der Bildung, ist er weit davon entfernt, ein zukunftsweisender Haushalt zu sein.