In der Beschlussvorlage der Bundesregierung mit den Regierungschefs der Bundesländer zur Pandemiebekämpfung vom 16. November heißt es wörtlich: „Bund und Länder haben am 28. Oktober beschlossen, trotz des dynamischen Infektionsgeschehens Schulen und Betreuungseinrichtungen nicht zu schließen. Verlässliche Betreuung dient der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Bildung ist essenziell für die Zukunftschancen der jungen Generation. Deshalb genießt die Offenhaltung von Einrichtungen in diesem Bereich eine politische Priorität.“
Hiermit bekräftigt die Bundesregierung gemeinsam mit den Ministerpräsidenten, also auch dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, ihren Willen, die Bildungseinrichtungen offen zu halten. Um diese „politische Priorität“ aber zu gewähren bedarf es klarer Maßnahmen für die bestehenden und noch zu erwartenden Herausforderungen.
Die Lage in den Berliner Kitas
Derzeit sind die Berliner Kindertageseinrichtungen im vollen Regelbetrieb unter Corona Pandemie-Bedingungen. Jedoch sind aufgrund des erhöhten Infektionsgeschehenzunehmend Einrichtungen von Schließungen bedroht[1]. Laut der Staatssektretärin für Jugend und Familie[2] sind bereits 6,8% — das sind 187 Einrichtungen — von teilweisen oder kompletten Schließungen betroffen. Die durch langjährigen Fachkräftemangel und saisonbedingten Krankheiten belasteten Kitaträger stemmen sich mit aller Macht gegen mögliche Schließungen.
Hierbei müssen sie jedoch das Recht der Kinder auf Bildung mit dem Schutz der Kinder und der MitarbeiterInnen vor Infektionen täglich neu abwägen.
Die Berliner Gesundheitsämter arbeiten bereits seit Wochen an oder über der Belastungsgrenze. Vielerorts ist die Erreichbarkeit der Ämter deutlich eingeschränkt und Teile ihrer Aufgaben im Bereich der frühkindlichen Bildung haben bereits die Kitaträger übernommen. So regeln diese meist die Umsetzung der Maßnahmen zum Infektionsschutz und stimmen ihre veränderten Bildungsangebote mit den Eltern ab. Bisher waren die Gesundheitsämter im Nachhinein mit den Entscheidungen und Maßnahmen zufrieden oder haben sich nicht gemeldet — von Planungssicherheit sowohl für Eltern als auch für Kitaträger kann hier jedoch keine Rede sein!
Stufenpläne, Luftfilteranlagen und Teststrategie
Für das Ziel, die frühkindlichen Bildungseinrichtungen offen zu halten, fordern wir einen Maßnahmenkatalog zur unmittelbaren Umsetzung.
Es müssen Stufenpläne erlaubt werden, die den Einrichtungen die nötige „Beinfreiheit“ lassen und dennoch effizient das Infektionsgeschehen eindämmen können. Wir müssen eine Gewissheit für Eltern, Fachkräfte und Kitaträger bis mindestens Februar 2021 gewährleisten. Diese Stufenpläne müssen den Gegebenheiten vor Ort, was die Personalsituation und Räumlichkeiten betrifft, Rechnung tragen.
Eltern, Fachkräfte und Kitaträger brauchen Sicherheit im Umgang mit Infektionen und Risikogruppen in den Einrichtungen.
Bestandteile der Stufenpläne sind „AHA“-Regeln, Stundenverkürzungen in den Randzeiten, Bildung fester, kleiner Gruppen, Wechselmodelle und Schichtbetrieb sowie die Bildung von Einzelgruppen für gefährdete Kinder sein. Bei einem erhöhten Infektionsgeschehen sollten diese Maßnahmen schrittweise eingeleitet werden. Auf diese Weise wären alle Beteiligten auf die zu erwartenden Probleme vorbereitet und könnten angemessen reagieren.
Es müssen jetzt Gelder für die Anschaffung von mobilen Raumluftfilteranlagen — ebenfalls analog zu den Schulen —bereitgestellt werden. Weitere Informationen zur Effizienz dieser Anlagen finden Sie in unser Pressemitteilung vom 16. September.
Anstatt die PCR-Test-Kapazitäten durch flächendeckende Test zu überlasten, sprechen wir uns für gezielte Tests aus. Dazu müssen mit Antigen- Schnelltests alle MitarbeiterInnen getestet werden können und bei einem Verdachtsfall aufgrund eines positiven Ergebnisses einen PCR-Test erhalten. Damit unterstützen wir zugleich die Forderung der ALM (Akkreditierte Labore in der Medizin e.V.), die Labore zu entlasten.
Daran anschließend fordern wir eine weitere personelle Aufstockung der Gesundheitsämter, um ihre Aufgaben erfüllen zu können. Dazu gehört auch die Rückverfolgung der Kontaktpersonen, was derzeit von den Trägern übernommen wird.
Mit diesen Maßnahmen können möglichst viele Kita-Einrichtungen offenbleiben, ohne dabei das Infektionsgeschehen voranzutreiben. Wir sind uns sicher, dass wir mit einem schnellen und beherzten Handeln die Herausforderungen der Pandemie gemeinsam überwinden können.
[1] Inzidenz in der Altergruppe 0-4 Jahre in KW 45 bereits bei 63,8 https://www.berlin.de/corona/lagebericht/
[2] Im Rahmen der 63. Sitzung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Familie am Donnerstag, dem 12. November 2020, 15.00 bis 18.00 Uhr, Abgeordnetenhaus von Berlin