Derzeit laufen neben den Untergruppen der neuen Koalitionspartner auch die Rahmenvertragsverhandlungen (RV-Tag) für die Finanzierung der frühen Bildung des scheidenden rot-rot-grünen Senats. Was auch immer die neue rot-grün-rote Koalition beschließen mag, mit diesen RV-Tag-Verhandlungen nimmt der alte Senat jeglichem Aufbruch in der Berliner Bildungspolitik die Grundlage.
Mehrheit der Kitas ist unterfinanziert
In Berlin werden 88% der Kita-Plätze von freien Trägern gestellt, welche theoretisch einen Eigenanteil von 5% beisteuern müssen, während der Rest vom Land Berlin getragen wird. Allerdings hat bereits eine 2017 von der scheidenden Jugend-Senatorin beauftragte Gestehungskostenanalyse gezeigt, dass die kleinen Träger, welche die Hälfte der Kitaplätze in Berlin stellen, zu 30% unterfinanziert sind, da die zu Grunde gelegten Sachkosten nicht den tatsächlichen Marktpreisen entsprechen. Die ab 2018 schrittweise Anhebung (in Summe 10%) wurde bereits in der Zwischenzeit von den gestiegenen Miet- und Materialkosten aufgezehrt. So bleiben die freien Kitas in Berlin auch im Jahr 2021 unterfinanziert.
Einsparungsphantasien bedrohen die Existenz der freien Kita-Träger
Die Senatsverwaltung für Finanzen hat für die laufenden RV-Tag-Verhandlungen einen strikten Sparkurs vorgegeben und ins Gespräch gebracht, Einrichtungen mit “freien” Plätzen für eine „Unterbelegung“ finanziell zu sanktionieren. Da das Land Berlin in den nächsten Jahren ca. 30.000 Kita-Plätze zusätzlich benötigt, zielt dieser Vorschlag auf die betriebsbedingten vorübergehenden Unterbelegungen ab, wie sie durch Einschulungen, Wegzug u.ä. entstehen. Die Kita-Träger sollen demnach nur noch Geld für jeden belegten Kitaplatz bekommen. Die freien Kita-Träger können aber ihren Personalschlüssel sowie die tatsächlichen Sachkosten nicht jede Woche anpassen und so könnte jene Sanktionierung nur mit einer allgemeinen Überbelegung betriebswirtschaftlich ausgeglichen werden. Dies würde allerdings in jedem Fall zu einer Minderung der pädagogischen Qualität führen, welche doch alle Koalitionspartner einhellig erhöhen wollen. Qualität in der frühkindlichen Bildung steht und fällt mit dem Betreuungsschlüssel. Berlin liegt hierbei allerdings weit hinter dem wissenschaftlich empfohlenen Fachkraft-Kind-Schlüssel.
Schlechte Ideen und falsche Partner
Bei einem derartigen Verhandlungsergebnis würde sich konsequenterweise die Frage nach den Verhandlungspartnern stellen. Wie können die Vertreter der Kita-Träger ein solches Ergebnis akzeptieren? Zu den Gesprächen sind lediglich die LIGA-Verbände sowie ein Nicht-Liga-Verband geladen, welche zusammengenommen nur für einen begrenzten Teil der freien Träger sprechen. Für diesen Teil allerdings lassen die Verhandlungspartner sich die geplanten Zumutungen versüßen. Denn aus den laufenden Verhandlungen ist von Beteiligten zu hören, dass ein sogenannter „Berater-Groschen“ exklusiv an die Mitglieder der beteiligten Verbände ausgezahlt werden soll. Diese Diskriminierung der restlichen freien, unabhängigen Kita-Träger kann nicht hingenommen werden.
Deshalb fordern wir seit Langem, alle relevanten Verbände der freien Kita-Träger an den Verhandlungen zu beteiligen. Unser Verband repräsentiert 200 Kindertagesstätten mit 10.000 Kitaplätzen in allen Berliner Bezirken und hat daher einen legitimen Anspruch, die Rahmenbedingungen in der Kita im Interesse seiner freien, unabhängigen Träger zu verhandeln.
Frühe Bildung muss für eine schlechte Finanzpolitik herhalten
Lars Békési, Geschäftsführer des VKMK: “Jetzt sollen die durch die Pandemie geschundenen Kinderseelen für die Fehlkalkulationen des scheidenden Finanzsenators bezahlen. Wie ist das mit den Wahlkampfaussagen der Koalitionspartner zu vereinen, die Berlin eben nicht kaputtsparen und Investitionen verhindern wollten? Wer bei den Kindern spart, streicht die größte Zukunftsinvestition und das lehnen wir im Sinne der Bildungsqualität ab.”
Neben der beschriebenen Unterfinanzierung mussten die freien Kita-Träger bereits in der Pandemie durch den unbegründeten „Solidar-Zuschlag“ die Haushaltslöcher des Senates stopfen. Wir lassen das Argument der leeren Kassen und einem entsprechenden Spar-Diktat des scheidenden Finanzsenators auch deshalb nicht gelten, weil die Diäten im Abgeordnetenhaus vor zwei Jahren auf 6250€ angehoben wurden und die neu gewählten Parlamentarier durch eine weitere Erhöhung nunmehr 6650€ pro Platz erhalten. Diese Ausgaben decken sich in etwa mit den nun geforderten Einsparungen im Bildungsressort. Vielleicht sollten nur die Parlamentarier bezahlt werden, die auch tatsächlich die komplette Tagungszeit im Plenarsaal anwesend sind. Dies wäre jedoch ebenso schädlich für den parlamentarischen Betrieb wie die Zumutungen für die freien Kita-Träger.