Gute Absichten ≠ Gute Ergebnisse.

Warum die aktuellen Erkenntnisse der Iglu-Studie eklatant wichtig waren - die Lösungsvorschläge jedoch am Ziel vorbeizuschnellen drohen.

Die jüngsten Resultate der Iglu-Studie illustrieren auf alarmierende Weise, dass jede/r vierte Viertklässler/in in Deutschland das erforderliche Mindestniveau in puncto Lesekompetenz nicht erlangt. Die Befunde werfen ein grelles Licht auf die bestehenden Herausforderungen des deutschen Bildungssystems und verdeutlichen unmissverständlich die Notwendigkeit konkreter Maßnahmen zur Verbesserung der Lesekompetenz sowie der allgemeinen Bildungsqualität. Zugleich unterstreichen sie den dringenden Bedarf an frühzeitiger Förderung und gezielten Interventionen, die bereits im Vorschulalter die sprachliche Entwicklung sowie die Lese- und Schreibfertigkeiten der Kinder stärken.

Die derzeitige Debatte um eine potenzielle Vorverlegung des Schuleintritts bei Sprachproblemen, wie sie in Baden-Württemberg erörtert wird, ist eher ein pragmatischer Gedanke, der sich zwar mit der frühzeitigen Förderung auseinandersetzt, jedoch die bereits bestehenden frühkindlichen Bildungsinstitutionen ausklammert; die Kitas. 

Die ersten Lebensjahre eines Kindes sind von entscheidender Bedeutung für seine ganzheitliche Entwicklung. In dieser sensiblen Phase werden grundlegende Kompetenzen und Fähigkeiten geformt, die die Basis für zukünftiges Lernen, Denken und Verhalten legen. Hier wird der Grundstein gelegt für die sprachliche, kognitive, soziale, emotionale und motorische Entwicklung des Kindes. 

Es ist daher wichtig anzuerkennen, dass die Qualität der Betreuung und Bildung in den frühkindlichen Institutionen einen maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der Kinder hat. Eine umfassende Förderung, die individuelle Bedürfnisse berücksichtigt, eine anregende Lernumgebung bietet und qualifizierte pädagogische Fachkräfte umfasst, legt den Grundstein für spätere Kompetenzen und einen erfolgreichen Bildungsweg. Es ist bei derlei wissenschaftlichen Erkenntnissen beinahe redundant zu unterstreichen, welche wichtige Rolle die frühkindlichen Institutionen in der Entwicklung der Kinder spielen.

Dennoch spiegelt die aktuelle Situation in den Kitas Deutschlands, insbesondere auch Berlin, deutlich wider, dass diese Erkenntnisse (noch) nicht ausreichend angenommen und auf zukunftsorientierte, gute Lösungsansätze gestoßen sind.

Wir stehen seit Jahren vor einer sich immer weiter zuspitzenden "Kitakrise", die von Personalmangel, Unterfinanzierung und Überbelastung geprägt ist. Das Personal in den Kitas ist häufig nicht ausreichend, um den steigenden Bedarf an individueller Förderung und pädagogischer Unterstützung zu decken. Kaum verwunderlich ist es also, dass ein Vermitteln von Kompetenzen hier oftmals nicht ausreichend stattfinden kann, was sich spätestens ab dem Grundschulalter deutlich bemerkbar macht.

Wir begrüßen die Idee frühzeitige Förderung bereits gezielt vor dem Grundschulalter umsetzen zu können, sowie den gezielten Fokus auf frühkindlicher Bildung  - möchten jedoch vehement darauf hinweisen, dass es es mit den Kitas bereits Institutionen gibt, die eben genau dies verfolgen: einen gesetzlichen Förderauftrag. Es sind Institutionen mit gut ausgebildetem, hoch kompetentem Personal, welches diesem Förderauftrag erfolgreich nachgehen möchte und könnte, wenn die Rahmenbedingungen dafür nur endlich auch entsprechend verändert und an die momentanen Herausforderungen angeglichen werden würden. 

Grundvoraussetzung hierfür ist die Anerkennung der Kitas als Bildungsinstitutionen, um die notwendigen Ressourcen bereitzustellen, die eine angemessene Betreuung und Förderung der Kinder sicherstellen können. Dazu gehört eine ausreichende finanzielle Unterstützung, um eine angemessene Personalausstattung zu gewährleisten und die Fachkräfte aus- sowie weiterzubilden. Es bedarf auch einer gesicherten und verstärkten Kooperation zwischen Kitas, Grundschulen und anderen Bildungseinrichtungen, um einen nahtlosen Übergang zu ermöglichen, die individuellen Bedürfnisse der Kinder zu berücksichtigen und anschlussfähige Bildungsprozesse gestalten zu können.

Es ist an der Zeit, dass frühkindliche Bildung einen höheren Stellenwert erhält und die notwendigen Maßnahmen ergriffen werden, um die Qualität und die Rahmenbedingungen in den Kitas zu verbessern. Nur so können wir sicherstellen, dass alle Kinder die Chance haben, ihre Potenziale voll auszuschöpfen und erfolgreich in ihre schulische Laufbahn zu starten.

Wir als Verband stehen für weitere Diskussionen und Maßnahmen zur Verbesserung der frühkindlichen Bildung zur Verfügung und hoffen auf eine verstärkte Zusammenarbeit aller relevanten Akteure, um diese wichtige Herausforderung anzugehen