Die Inflationsausgleichsprämie: oftmals eine Frage des Könnens - nicht des Wollens.

Unsere Referentin für Presse,- und Öffentlichkeitsarbeit, Lisa Henriette Huber, im Gespräch mit Martin Müller-Spickermann, Rechtsanwalt, Steuerberater und Fachanwalt für Steuerrecht in Berlin.

Seit dem 26. Oktober können Arbeitgeber:innen im Rahmen der “Inflationsausgleichsprämie” ihren Beschäftigten steuer- und abgabenfrei, einen Betrag von bis zu 3.000 Euro gewährleisten, als Teil des dritten Entlastung-Paketes vom 3. September 2022. Wir haben mit Martin Müller-Spickermann, Rechtsanwalt, Steuerberater und Fachanwalt für Steuerrecht in Berlin zu den Einzelheiten gesprochen und durchleuchtet, was dies letztendlich für die Kitaträger und Fachangestellten bedeuten kann.


Zuallererst macht Herr Müller-Spickermann deutlich:

Bei der Inflationsausgleichsprämie darf das Wort “statt" nicht auftauchen. Es handelt sich hierbei um eine “On-Top-Zahlung”, zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn. Die Zahlungen, im Rahmen der Prämie, können seit dem 26.10.2022 bis zum 31.12.2024 getätigt werden und bis zu 3.000 Euro umfassen, die steuer- und abgabenfrei behandelt werden. Hierbei können die Arbeitgeber selbst entscheiden, ob sie dies in Form von Sachwerten, wie beispielsweise Gutscheinen oder in Form von Entgelt tätigen. Sie können die Zahlung in einer einzigen Auszahlung tätigen oder auch stückweise über mehrere Monate verteilen. Die Ausführung ist definitiv nicht stringent, sondern bietet mehrere Variablen, um sich den einzelnen Unternehmen und deren Bedürfnissen entsprechend besser anpassen zu können.


VKMK: Wer kann diese Zahlungen beanspruchen?

Jeder/Jede, der/die in einem Anstellungsverhältnis steht. Hierbei ist völlig irrelevant, ob es sich um eine Teilzeitbeschäftigte oder Vollzeit-Arbeitskraft handelt. Auch "Minijobber" werden hier mit einbezogen. Schließlich betrifft die Inflation alle gleichsam. Wir alle stehen vor gewissen Mehrkosten, die gedeckt werden müssen, unabhängig vom eigenen Arbeitsumfang im Anstellungsverhältnis.


VKMK: Erste Hoffnungen wichen hier allerdings schnell einer gewissen Ernüchterung, als deutlich wurde, dass diese Ausgleichsprämie nicht, wie die Energiepauschale zum Beispiel, vom Staat selbst getätigt wird. Auch eine Unterstützung hier ist nicht angedacht. Die Verantwortung der Finanzierung bleibt somit rein beim Arbeitgeber selbst? 

Wir sprechen hier jedoch von einem “kann”, nicht von einem "soll'' oder “muss”. Die Inflationsausgleichsprämie ist vielmehr ein Angebot, als ein Appell. Es ist ein Entgegenkommen des Staates, welches den Arbeitgebenden die Möglichkeit bietet, ihren angestellten Arbeitnehmer:innen finanzielle Unterstützung zu sichern, in der aktuellen wirtschaftlichen Lage. Die finanzielle Mehrbelastung hier liegt jedoch rein beim Arbeitgeber selbst. Dementsprechend muss intern selbst abgewogen werden, ob man sich im Stande sieht, mit dieser Mehrbelastung umgehen zu können.


Es steht dem Arbeitgeber frei, ob er diese Zahlung umsetzt, oder sich im Zweifel dagegen entscheidet.


VKMK: Viele, insbesondere eben Kleinunternehmen, oder bereits totgesparte Institutionen, stehen hier natürlich vor einem Dilemma; Der Wille ist da, aber der finanzielle Rahmen ermöglicht die Zahlungen schlichtweg nicht. Ist hier eine Form von Unterstützung angedacht, um dieser Problematik entgegenzuwirken? 

Zumindest laut aktuellem Stand ist dies weder gewährleistet noch wird es momentan in irgendeiner Form diskutiert oder abgewogen. Wer sich finanziell nicht im Stande sieht hier zu agieren, dem sind natürlich die Hände gebunden. Dem Arbeitgeber steht jedoch nicht nur frei, ob er diese Zahlung allgemein tätigt, sondern auch, in welchem Umfang. So können alle im Angestelltenverhältnis davon profitieren, müssen es jedoch nicht. Es besteht zum Beispiel die Möglichkeit, nur bei selektiv ausgewählten Arbeitnehmer:innen diese Prämie geltend zu machen. Natürlich handelt es sich hierbei sicher nicht um eine optimale Lösung oder ein Wunschdenken, aber eine denkbare Option, wenn der Arbeitgebende sich nicht im Stande sieht, alle Mitarbeiter:innen gleichsam daran zu beteiligen. Genau so besteht die Möglichkeit den Mitarbeiter:innen mit einem geringeren Betrag entgegenzukommen. Die 3.000 Euro sind die Obergrenze, die als Zahlung im Rahmen der Inflationsausgleichsprämie steuer- und abgabenfrei getätigt werden können. Es ist jedoch nicht der allgemeine Richtwert, der eingehalten werden muss. Ein Anspruch auf eine Zahlung besteht jedoch, wie gesagt, nicht. Es steht dem Arbeitgeber frei, ob er diese Zahlung umsetzt, oder sich im Zweifel dagegen entscheidet.


Es besteht kein Rechtsanspruch auf die Zahlung.

VKMK: Das heißt, jede/r im Angestelltenverhältnis kann die Inflationsausgleichsprämie erhalten, aber keiner hat darauf Anspruch beziehungsweise kann explizit danach verlangen?

Selbstverständlich steht es den Angestellten frei, auf den Arbeitgebenden zuzugehen und das interne Vorgehen hierzu zu erfragen, um etwas Klarheit zu gewinnen. Sollte es aber nicht umsetzbar sein, aus welchen Gründen dies auch sein mag, kann die Zahlung nicht eingefordert werden. Es besteht kein Rechtsanspruch darauf.


Die Inflationsausgleichsprämie ist ein notwendiger Schritt, der in der aktuellen wirtschaftlichen Lage für ein Trostpflaster und eine temporäre Hilfestellung bei den Angestellten sorgen kann. Die Umsetzung hierbei bereitet vielen jedoch Kopfzerbrechen. Es wird bezüglich der Ausführung keine Verantwortungsübernahme seitens des Staates geben, weder in der Unterstützung noch in der Sicherstellung bzw. nachträglichen Prüfung der Zahlungen. Hier, künftig eine Bilanz zu ziehen, ist nicht angedacht. Die endgültige Zahl der Arbeitgebenden, welche die Inflationsausgleichsprämie letztendlich umsetzen, wird somit schlichtweg nicht benennbar sein.  Diverse Unternehmen werden ihren Mitarbeiter:innen hier entgegenkommen, es wird jedoch auch mit etlichen zu rechnen sein, die den finanziellen Rahmen für eine derartige Unterstützung schlichtweg nicht haben, sowie selbstverständlich auch einige, die diese Zahlungen nicht umsetzen möchten und ihren Arbeitnehmer:innen hier keine notwendige Unterstützung sichern können.

Gerade für totgesparte Institutionen, wie die Kitaträger, gleicht das Vorgehen hier einer Farce.

Die Verantwortung für die Finanzierung der Inflationsausgleichsprämie, bei, unter anderem, einem Sektor anzusetzen, der die Folgen der Inflation und der aktuellen wirtschaftlichen Lage, nicht nur bei den möglichen Gehältern der Mitarbeiter:innen, sondern bereits bei der Qualität und Quantität am Frühstückstisch in den Kindertagesstätten erlebt, ist keine Lösung, die zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führen kann.


Unterstützung der Mitarbeiter:innen sollte jedoch nicht am “können” scheitern.

Vielmehr unterstreicht dies deutlicher, denn je zuvor, dass die finanziellen Notstände der Institutionen mittlerweile nicht mehr überbrückbar sind und sich viele in einer Bredouille befinden, die es ihnen schlichtweg nicht ermöglicht, hier stützend zu agieren. Wir hoffen auf ein Reflektieren bezüglich der aktuellen Lage, um all denjenigen auch die notwendige, finanzielle Hilfestellung garantieren zu können, die schlussendlich für die erfolgreiche Vermittlung von Kompetenzen der künftigen Generationen verantwortlich sind.

Wir bedanken uns sehr herzlich bei Martin Müller-Spickermann für die Zeit und fachliche Kompetenz, die er uns im Rahmen der Diskussion zur Verfügung gestellt hat.